Ausweitung der Grunderwerbsteuerpflicht und neuer Umwidmungszuschlag: Handlungsbedarf zeitgerecht vor dem 1.7.2025 ausloten
Stand: 27. Mai 2025
In dem am 27.2.2025 veröffentlichten Regierungsprogramm wurde unter dem Titel „Lückenschluss bei Grunderwerbsteuer mit 1.7.2025, um große Immobilientransaktionen (Share Deals) steuerlich effektiver zu erfassen“ aus den geplanten Änderungen bei der Grunderwerbsteuer ein steuerliches Mehraufkommen von EUR 200 Mio veranschlagt.
Mit dem am 2.5.2025 veröffentlichten Begutachtungsentwurf des BBG 2025 liegt nunmehr ein erster Gesetzesentwurf vor, aus dem die konkreten Auswirkungen ersichtlich werden. Das Inkrafttreten ist grundsätzlich mit 1.7.2025 vorgesehen, sodass sich für Fälle, bei denen sich wesentliche Verschlechterungen ergeben werden, ein wenn auch kurzes Zeitfenster für mögliche vorausschauende Handlungen ergibt. Die Begutachtungsfrist endete am 9. Mai 2025. Abänderungen bzw. die Gesetzwerdung bleiben wie immer abzuwarten.
Ausweitung der Grunderwerbsbesteuerung
Schwerpunkt im Bereich der Grunderwerbsteuer ist eine Reform der Anteilsvereinigung, mit der eine faktische Gleichstellung von Asset Deals und Share Deals bei Immobilientransaktionen erfolgen soll. Nach der aktuellen Rechtslage wird eine Anteilsvereinigung bei Übertragung (Gesellschafterwechsel) bzw. Vereinigung von 95 % (oder mehr) der Anteile ausgelöst. Zukünftig soll diese Grenze auf 75% gesenkt werden.
Darüber hinaus sieht das GrEStG in der derzeit geltenden Fassung eine strengere Regelung für Personengesellschaften vor. Werden innerhalb von 5 Jahren zumindest 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen, wird GrESt ausgelöst. Neben der Absenkung der Schwelle auf 75 % wird der Tatbestand nunmehr auch auf Kapitalgesellschaften ausgedehnt und die Frist von 5 auf 7 Jahre verlängert.
Ein zentraler Punkt ist weiters, dass nunmehr auch mittelbare Anteilserwerbe an grundstücksbesitzenden Gesellschaften GrESt auslösen. Für die Bestimmung der mittelbaren Beteiligungshöhe sind die prozentuellen Beteiligungen auf jeder Ebene miteinander zu multiplizieren. Kamen für eine Zusammenrechnung bisher nur Unternehmen in Betracht, die im Rahmen der Gruppenbesteuerung zu einer Unternehmensgruppe gemäß § 9 KStG zusammengefasst waren, so spielt die steuerliche Unternehmensgruppe künftig keine Rolle mehr. Dafür wird künftig die GrESt auf Personenvereinigungen ausgedehnt, d.h. die Anteilsvereinigung erfolgt künftig bei Vereinigung der Anteile bei einer Person oder einer Personenvereinigung.
Eine Personenvereinigung liegt vor, wenn Personen- und Kapitalgesellschaften zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind oder aufgrund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss einer Person stehen. Konzerninterne Gesellschaften, die kein Mitglied einer steuerlichen Unternehmensgruppe waren und Anteile an grundstücksbesitzenden Gesellschaften erworben haben, können künftig die Entstehung einer Grunderwerbsteuerpflicht bei einem Share Deal nicht mehr verhindern.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Erhöhung des Steuersatzes und der Bemessungsgrundlage für Anteilsvereinigungen von (nunmehr gesetzlich definierten) Immobiliengesellschaften: von bisher 0,5% vom Grundstückswert auf künftig 3,5 % vom gemeinen Wert (Verkehrswert !). Wenn man bedenkt, dass der Grundstückswert bisher regelmäßig weniger als 70%, oftmals auch nur zwischen 30% und 50% des Verkehrswerts betragen hat, so wird diese Änderung dazu führen, dass sich die Grunderwerbsteuer bei Immobiliengesellschaften künftig auf das 10 bis 20-fache erhöht! Anteilsvereinigungen bei Nicht-Immobiliengesellschaften bzw. Umgründungen von Nicht-Immobiliengesellschaften lösen allerdings (weiterhin) GrESt nur iHv 0,5 % vom Grundstückswert aus.
Eine Immobiliengesellschaft liegt nach dem Gesetzesentwurf vor, wenn der Schwerpunkt der Gesellschaft in der Veräußerung, Vermietung oder Verwaltung von Grundstücken liegt. Gehören sowohl vor als auch nach einem Umgründungsvorgang, einer Anteilsübertragung (Gesellschafterwechsel) oder Anteilsvereinigung bei einer Immobiliengesellschaft die beteiligten Gesellschafter allerdings nur dem Personenkreis des § 26a Abs 1 Z 1 GGG (nahe Angehörige) an, wird die GrESt aber weiterhin nur iHv 0,5 % vom Grundstückswert erhoben.
Die Regelung für die Übertragung von 75% aller Anteile gilt aufgrund der fehlenden Nachvollziehbarkeit von Anteilsübertragungen an der Börse allerdings nicht für börsennotierte Gesellschaften.
Bei der Anteilsvereinigung soll künftig eine grundstücksbezogene Sichtweise gelten. Das Vorliegen eines Steuertatbestandes soll daher für jedes Grundstück gesondert beurteilt werden. Wie bisher sind treuhändig gehaltene Anteile dem Treugeber zuzurechnen. Eigene Anteile sind bei der Berechnung der 75 %-Grenze außer Acht zu lassen.
Steuerschuldner ist allgemein die Person bzw. Personenvereinigung in dessen Hand die Anteile vereinigt werden. Abweichend davon schuldet bei der Übertragung von zumindest 75% der Anteile innerhalb von 7 Jahren auf neue Gesellschafter die Gesellschaft selbst die GreSt.
Das Gesetz sieht eine Übergangsregelung vor. Hält eine Person (schon) am 30.6.2025 75 % der Anteile oder mehr und wurde bisher noch keine Anteilsvereinigung verwirklicht, wird bei künftigen Transaktionen GrESt ausgelöst, wenn sich der Beteiligungsprozentsatz ändert (und dabei nicht unter 75 % fällt).
Erhöhung der Besteuerung von Umwidmungsgewinnen
Im Rahmen der Immobilienertragsteuer sollen Umwidmungsgewinne von Grundstücken (z.B. von Grünland in Bauland) künftig höher besteuert werden. Begründet wird dies damit, dass Steuerpflichtige, die von einer durch die Umwidmung ausgelösten Wertsteigerung profitieren, auch einen zusätzlichen steuerlichen Beitrag von dieser Wertsteigerung leisten sollen.
Zu diesem Zweck soll den positiven (betrieblichen oder außerbetrieblichen) Einkünften aus der Veräußerung des umgewidmeten Grund und Bodens (nicht aber Gebäudes) ein Umwidmungszuschlag von 30 % hinzugerechnet werden. Der Umwidmungszuschlag knüpft an den positiven Einkünften (also dem Veräußerungsgewinn) und nicht am Veräußerungserlös (Kaufpreis) an und ist insofern gedeckelt, als maximal ein Betrag iHd Veräußerungserlöses der Immobilienertragsteuer unterliegen kann.
Faktisch kommt es dadurch bei Neuvermögen zu einer Erhöhung der Immobilienertragsteuer von 30% auf 39%. Bei Grundstücksveräußerungen, die dem progressiven Einkommensteuersatz von bis zu 55% unterliegen (bei Grundstücken des Umlaufvermögens, wenn der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit in der gewerblichen Überlassung und Veräußerung von Grundstücken liegt bzw. soweit vor dem 1.4.2012 auf das Grundstück eine Teilwertabschreibung vorgenommen oder stille Reserven übertragen wurden) erhöht sich die Einkommensteuer im Extremfall auf bis zu 71,5%. Bei Grundstücken des Altvermögens erhöht sich die Immobilienertragsteuer von 18% auf 23,4% des Veräußerungserlöses.
Keine Auswirkung haben soll der Umwidmungszuschlag von 30 % auf das Vorliegen einer gemischten Schenkung (75% Grenze). Auch bei der Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG soll der Umwidmungszuschlag nicht berücksichtigt werden, weil zur Ermittlung der stillen Reserven gemäß § 12 Abs 2 EStG auf den – durch den Umwidmungszuschlag unveränderten – Veräußerungserlös abzustellen ist.
Fraglich ist daher, ob durch die Übertragung stiller Reserven aus der Veräußerung eines umgewidmeten Grund und Bodens auf die Anschaffungskosten eines im Wirtschaftsjahr der Veräußerung angeschafften Grundstücks (Grund und Boden) bzw. auf eine Übertragungsrücklage der 30%ige Zuschlag nach dem Gesetzesentwurf nicht überhaupt vermieden werden kann.
Weitere Änderungen bis zur Gesetzwerdung des Begutachtungsentwurfs wären daher noch abzuwarten. Denkbar wäre diese Übertragung stiller Reserven grundsätzlich aber nur bei Betriebsvermögen natürlicher Personen bzw. einer Personengesellschaft, soweit daran natürliche Personen beteiligt sind.
Gelten soll die Erhöhung der Immobilienertragsteuer für Grundstücksveräußerungen ab dem 1.7.2025, sofern die Umwidmung nach dem 31.12.2024 erfolgt ist. Im Umkehrschlusskann somit festgehalten werden, dass für Umwidmungen vor dem 1.1.2025 die bisherige Regelung weiterhin bestehen bleibt.
Ist die Umwidmung jedoch erst nach dem 31.12.2024 erfolgt oder ist mit der Umwidmung überhaupt erst in den kommenden Jahren zu rechnen, so müsste die Veräußerung bis spätestens 30.6.2025 steuerlich rechtswirksam werden, um im bisherigen Steuerregime zu verbleiben.
Handlungsempfehlung bei geplanten Grundstückstransaktionen
Übertragungen von Grundstücken bleiben von der geplanten Erhöhung der Grunderwerbsteuer unberührt. Handlungsbedarf kann sich jedoch für geplante Share Deals bei Immobiliengesellschaften ergeben, sofern deren Anteile nicht nur in der Familie gehalten und übertragen werden. Sollten diesbezügliche Transaktionen angedacht sein, empfiehlt es sich, diese noch bis Ende Juni 2025 umzusetzen. Gleiches gilt für Veräußerungen von Grundstücken, die erst 2025 oder in den kommenden Jahren in Bauland umgewidmet werden. Für eine wirtschaftliche und steuerliche Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Stand: 27. Mai 2025 | LBG
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