Steuerliche Arbeitnehmerveranlagung – Pflicht, Freiwillig, Antragslos.
Wann ist was von wem zu tun?
Stand: 24. April 2025
Bei Einkünften, die der Lohnsteuer unterliegen, gibt es drei Formen der Veranlagung. Die Pflichtveranlagung ist zwingend vorzunehmen, wenn neben den lohnsteuerpflichtigen Einkünften auch andere Einkünfte (z.B. aus Vermietung) bezogen werden, die 730 Euro übersteigen. Die Freiwillige Veranlagung kann bis zum Ablauf von 5 Jahren von Arbeitnehmer:innen beantragt werden, um Abzugsposten (wie etwa Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc.), die bisher nicht berücksichtigt wurden, geltend zu machen. Die antragslose Arbeitnehmerveranlagung führt das Finanzamt automatisch durch, wenn von Arbeitnehmer:innen kein Antrag auf Veranlagung gestellt wird und die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung nicht vorliegen. Details dazu im nachstehenden Beitrag.
Veranlagung bedeutet, dass das Finanzamt einen Steuerbescheid erlässt, in welchem das Einkommen eines abgelaufenen Jahres erfasst und die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet wird. Auch für lohnsteuerpflichtige Einkünfte kann es (nach Ablauf des Kalenderjahres) zu einer „Veranlagung“ kommen. Dabei wird die sich aufgrund des gesamten Einkommens des abgelaufenen Jahres ergebende Einkommensteuer berechnet und der im abgelaufenen Jahr vom Arbeitgeber / der Arbeitgeberin einbehaltenen Lohnsteuer gegenübergestellt. Dadurch ergibt sich für Arbeitnehmer:innen zumeist eine Gutschrift, wenn Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder Absetzbeträge, die der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin nicht berücksichtigen konnte, im Rahmen der Veranlagung abgezogen werden. Gutschriften ergeben sich idR auch, wenn die monatlichen Bezüge der Arbeitnehmer:innen unterschiedlich hoch waren oder wenn Arbeitnehmer:innen nur während eines Teiles des Jahres Einkünfte bezogen haben oder wenn während des Jahres der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin gewechselt wurde. Nachzahlungen können sich insbesondere dann ergeben, wenn zeitweise gleichzeitig von zwei oder mehreren Arbeitgeber:innen lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen wurden.
Bei Einkünften, die der Lohnsteuer unterliegen, gibt es drei Formen der Veranlagung: die antragslose Veranlagung, die freiwillige Antragsveranlagung und die Pflichtveranlagung.
Pflichtveranlagung
Eine zwingend vorzunehmende Arbeitnehmerveranlagung (Pflichtveranlagung) sieht das Gesetz insbesondere vor, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:
- Neben den lohnsteuerpflichtigen Einkünften wurden andere Einkünfte (z.B. aus Vermietung) bezogen, die € 730 übersteigen. (Bei der Veranlagung ist dann von diesen anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag von € 730 abzuziehen, der sich allerdings um jenen Betrag bis auf Null vermindert, mit welchem die anderen Einkünfte die Höhe von € 730 übersteigen.)
- Es wurden zumindest zeitweise gleichzeitig von zwei oder mehreren Arbeitgebern lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen.
- Es wurde Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung bezogen.
- Bei der laufenden Lohnsteuerberechnung wurde ein Freibetragsbescheid berücksichtigt.
- Bei der laufenden Lohnverrechnung wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag gewährt, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlagen. Gleiches gilt für den Freibetrag wegen einer Behinderung.
- Es wurde zu Unrecht ein zu hohes Pendlerpauschale berücksichtigt.
- Ein Zuschuss des Arbeitgebers zur Kinderbetreuung wurde steuerfrei belassen, obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vorlagen.
- Es wurde zu Unrecht ein Familienbonus Plus gewährt.
- Es wurde ein zu hohes Homeoffice-Pauschale steuerfrei behandelt.
- Es wurden Mitarbeitergewinnbeteiligungen steuerfrei gewährt, die den Jahresbetrag von € 3.000 übersteigen.
- Die Zurverfügungstellung einer Wochen-, Monats- oder Jahreskarte für ein Massenbeförderungsmittel (oder ein Kostenersatz hierfür) wurde steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vorlagen.
- Sportvereinigungen haben an Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer (z.B. Masseure, Trainer) pauschale Reiseaufwandsentschädigungen steuerfrei ausbezahlt, obwohl die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht vorlagen.
NEU ab 2024:
- Es wurden Einnahmen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten gegenüber einer gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Vereinigung bzw. einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft erzielt und diese im Ausmaß eines kleinen oder großen Freiwilligenpauschales steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nicht vorlagen.
- Ein Bezug aus einer Start-Up-Mitarbeiterbeteiligung wurde nicht oder zu gering besteuert.
Liegt ein Fall der Pflichtveranlagung vor, muss der Arbeitnehmer eine Steuererklärung (zur Arbeitnehmerveranlagung) einreichen, wenn das Gesamteinkommen für 2024 mehr als € 13.981 beträgt.
HINWEIS: Die Steuererklärung 2024 muss entweder bis Ende Juni 2025 elektronisch (über FinanzOnline) eingereicht werden oder bereits bis Ende April 2025 schriftlich.
Für die Pflichtveranlagung wegen gleichzeitiger nichtselbständiger Einkünfte von mehreren Arbeitgebern oder wegen des Wegfalls des Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrages muss die Steuererklärung erst bis Ende September 2025 abgegeben werden.
Antragsveranlagung (freiwillig)
Bis zum Ablauf von fünf Jahren kann der Arbeitnehmer einen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung stellen, für das Jahr 2020 somit bis Ende 2025. In der Erklärung für die Arbeitnehmerveranlagung kann der Steuerpflichtige steuerliche Abzugsposten, die bisher nicht berücksichtigt wurden, geltend machen. Das sind Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und diverse Absetzbeträge (siehe unten).
Der Antrag kann entweder digital über FinanzOnline oder schriftlich (mit dem Formular L 1 und zusätzlichen Formularen, insbesondere für außergewöhnliche Belastungen, Sonderausgaben, Absetzbeträge und den Familienbonus Plus) eingereicht werden.
Sollte die Antragsveranlagung ausnahmsweise zu einer Steuernachzahlung führen, dann kann der Antrag (mittels Einbringung einer Beschwerde) zurückgezogen und damit die Nachzahlung vermieden werden.
Antragslose Arbeitnehmerveranlagung
Stellt der Arbeitnehmer keinen Antrag auf Veranlagung für das Jahr 2024 (und liegen nicht die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung vor), führt das Finanzamt die so genannte „antragslose Arbeitnehmerveranlagung“ für das Jahr 2024 durch, wenn
- der Arbeitnehmer im Jahr 2024 keine anderen Einkünfte als lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen hat und
- bis zum 30. Juni kein Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung gestellt worden ist und
- die Veranlagung zu einer Steuergutschrift führt und
- nach der Aktenlage keine höhere Steuergutschrift zusteht, als sich das aus den bereits dem Finanzamt vorliegenden Daten (insbesondere aus den Lohnzetteln, den Spendenbestätigungen, etc.) ergibt.
Bei der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung kann das Finanzamt nur jene Informationen berücksichtigen, die ihm bereits eingemeldet wurden (z.B. die Lohnzettel und die dem Finanzamt elektronisch übermittelten Bestätigungen über Spenden an begünstigte Vereine und über Kirchenbeiträge).
Ergibt sich bei der Veranlagung eine Steuergutschrift von zumindest fünf Euro, wird diese automatisch auf das Konto des Arbeitnehmers überwiesen, sofern es der Finanzverwaltung bekannt ist.
Ist der Arbeitnehmer mit dem Ergebnis einer antragslosen Veranlagung nicht zufrieden (z.B. weil er noch Abzugsposten geltend machen will), kann er innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des betroffenen Steuerjahres eine Steuererklärung einreichen. Damit fällt der bisher ergangene Bescheid automatisch weg und es wird eine Antragsveranlagung durchgeführt.
Wurde bis zum Ablauf des zweitfolgenden Kalenderjahres keine Abgabenerklärung abgegeben, muss das Finanzamt jedenfalls eine antragslose Veranlagung durchführen, wenn diese zu einer Gutschrift führt.
Stand: 24. April 2025 | LBG
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