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Steuer-News | Unternehmer-News

BREXIT – Österreichische GmbH mit Sitz in der EU als Alternative zur britischen Limited (Ltd)

Stand: 1. Februar 2019

Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland scheidet voraussichtlich mit 29.3.2019 aus der Europäischen Union aus. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Limiteds nach englischem Recht gegründet und im englischen Firmenbuch eingetragen, die ihre Unternehmenstätigkeit von Anfang an in Österreich entfalteten und auch hier ihren Hauptsitz haben. Grund hierfür waren oftmals die Zulässigkeit einer Gründung ohne Mindeststammkapital und die unbürokratische Errichtung. Im Zusammenhang mit dem angekündigten Brexit ist zwar Panik unangebracht, weil der österreichische Gesetzgeber eine Limited-Schonfrist bis Ende 2020 vorbereitet. Dennoch macht es Sinn, über Rechtsformalternativen, beispielsweise eine österreichische (gründungsprivilegierte) GmbH nachzudenken und damit Unwägbarkeiten zu vermeiden. Aber auch für alle Unternehmen in Großbritannien, die künftig einen Unternehmenssitz in der EU anstreben, bietet sich eine GmbH mit Sitz in Österreich an.

Englische Limited mit Hauptsitz und überwiegender Geschäftstätigkeit
in Österreich und Satzungssitz in Großbritannien

Die derzeitige Anerkennung der Behandlung einer Limited (Ltd), beispielsweise hinsichtlich der Zulässigkeit der Gründung ohne Mindeststammkapital, nach englischem Gesellschaftsrecht erfolgt aufgrund des EU-Rechts. Ohne Brexit-Vertrag besteht nun für Limiteds mit Hauptsitz in Österreich die Unsicherheit, dass mit dem Brexit auch ihre rechtliche Grundlage innerhalb der EU ersatzlos wegfällt. Aktuell besteht die Ansicht, dass eine Limited mit Hauptsitz in Österreich dann als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) zu behandeln sein wird. Wichtig: Damit wäre der Verlust ihrer Rechtsfähigkeit nach österreichischem Recht verbunden! Weiters haften bei der österreichischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts alle Gesellschafter persönlich mit ihrem gesamten Vermögen für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Das österreichische Bundesministerium für Deregulierung und Justiz hat jüngst einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, der bei Gesetzwerdung eine Schonfrist dahingehend vorsieht, dass Limiteds bis 31.12.2020 so behandelt werden, als wäre das Vereinigte Königreich noch Mitglied der Europäischen Union – womit der Eintritt der zuvor aufgezeigten Nachteile zumindest aufgeschoben wäre.

Dennoch kann es für Limiteds nach englischem Recht mit Hauptsitz in Österreich Sinn machen, vorsorglich die Einbringung ihres Betriebes in eine neu zu gründende oder bestehende österreichische GmbH zu überlegen oder alternativ auch eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine österreichische Kapitalgesellschaft anzudenken. Auch eine, nach der EuGH-Judikatur zuzulassende grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes wäre möglich. Mit diesen Maßnahmen sind natürlich ein Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Schließlich ist auch noch offen, ob das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland mit Ablauf des 29.3.2019 tatsächlich ohne ein verbindlich gewordenes Austrittsabkommen aus der Europäischen Union austritt („No-Deal-Brexit“) oder allenfalls überhaupt vom angekündigten Brexit zurücktritt.

Österreichische Zweigniederlassungen einer britischen Limited (Ltd)

Die österreichische Zweigniederlassung einer britischen Limited ist selbst nicht rechts- und parteifähig, sondern nur die britische Limited selbst.

Limited (Ltd) mit Satzungs- und Verwaltungssitz in Großbritannien

Eine Limited mit Satzungs- und Verwaltungssitz in Großbritannien ist zwar nicht unmittelbar vom Brexit betroffen, gilt aber nach dem Brexit – falls keine einschlägigen Regelungen in einem Brexit-Abkommen getroffen werden – als Gesellschaft eines Drittstaates.

Brexit – steuerliche Auswirkungen in Österreich

Wir haben im LBG-Unternehmernewsletter vom 18.1.2019 bereits ausführlich über steuerliche Auswirkungen eines Brexit in Österreich informiert. Die Details dazu finden Sie in unserem Beitrag „Brexit-Szenarien und steuerliche Auswirkungen bei einem ungeregelten Brexit“.

Österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
mit Sitz in der EU als Alternative

Die Stammeinlage einer GmbH muss zumindest 35.000 Euro betragen, wobei grundsätzlich mindestens 17.500 Euro bar einbezahlt werden müssen. Es gilt ein streng zu beachtendes Trennungsprinzip zwischen der GmbH und seiner Gesellschafter.

Gründungsprivilegierung mit Mindesteinzahlung von 5.000 EUR kann in Anspruch genommen werden: Die Gesellschafter können bei der Gründung einer GmbH im Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die gesellschaftsrechtliche Gründungsprivilegierung in Anspruch genommen wird. Dies muss bereits in der ursprünglichen Fassung des Gesellschaftsvertrags (und nicht erst durch eine spätere Abänderung dieses Vertrags) vorgesehen werden. Die Gründungsprivilegierung ist zeitlich beschränkt und endet spätestens zehn Jahre nach Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch.

Die Inanspruchnahme der Gründungsprivilegierung bedeutet:

  • Neben den Stammeinlagen, die von den Gesellschaftern zu übernehmen sind, müssen im Gesellschaftsvertrag auch sogenannte gründungsprivilegierte Stammeinlagen für die einzelnen Gesellschafter festgelegt werden.
  • Die Summe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen muss mindestens 10.000 Euro betragen.
  • Auf die gründungsprivilegierten Stammeinlagen müssen in Summe mindestens 5.000 Euro bar eingezahlt werden, Sacheinlagen sind nicht möglich.

Die Gründungsprivilegierung endet spätestens nach zehn Jahren, kann aber auch schon zu einem früheren Zeitpunkt beendet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert wird und dass die gesetzlichen Mindesteinzahlungserfordernisse (in der Regel mindestens 17.500 Euro Bareinlagen) erfüllt werden.

Haftungsbeschränkung während der Gründungsprivilegierung: Während aufrechter Gründungsprivilegierung haften die Gesellschafter der GmbH gegenüber Gläubigern der Gesellschaft nur bis zur Höhe der gründungsprivilegierten Stammeinlagen, soweit diese nicht ohnehin bereits eingezahlt wurden. Diese Haftungsbeschränkung gilt auch gegenüber dem Insolvenzverwalter, wenn es während aufrechter Gründungsprivilegierung zu einem Insolvenzverfahren kommt.

Haftung: Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet grundsätzlich nur diese selbst. Die Gesellschafter müssen nur die übernommenen Stammeinlagen an die Gesellschaft leisten.

Gewerberecht: Gewerberechtsträger ist die GmbH. Der gewerberechtliche Geschäftsführer muss auch handelsrechtlicher Geschäftsführer sein. Allerdings ist es auch möglich, dass stattdessen die gewerberechtliche Geschäftsführung von einem zumindest mit halber Wochenarbeitszeit beschäftigten und nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) versicherten Arbeitnehmer mit entsprechenden gewerberechtlichen Befähigungsnachweis übernommen wird.

Steuerrecht: Die Ertragsteuer bei der GmbH, Körperschaftsteuer genannt, beträgt 25 Prozent vom steuerpflichtigen Einkommen. Aktuell ist im Rahmen einer etappenweise vorgesehenen Umsetzung einer Steuerreform in Österreich die Absenkung des Körperschaftsteuertarifs in Richtung 20 % in Diskussion. Die Mindestkörperschaftsteuer knüpft an die für die Gründung einer GmbH erforderliche gesetzliche Mindesthöhe des Stammkapitals an. Die kalendervierteljährlich zu entrichtende Mindeststeuer beträgt pro Kalenderjahr 5 Prozent des gesetzlichen Mindeststammkapitals von 35.000 Euro, insgesamt somit 1.750 Euro. Nach dem 30. Juni 2013 gegründete GmbHs haben jedoch lediglich eine reduzierte Mindeststeuer für die ersten fünf Kalenderjahre nach der Gründung von 500 Euro und für die folgenden fünf Kalenderjahre nach der Gründung von 1.000 Euro pro Kalenderjahr zu entrichten (steuerliches Gründungsprivileg).

Dividendenausschüttungen der GmbH an Gesellschafter, die natürliche Personen sind, unterliegen einer Kapitalertragsteuer von 27,5 % (mit Veranlagungsoption zum allgemeinen Tarif (25 – 55 % Einkommensteuer), wenn sich daraus eine geringere Ertragssteuerbelastung bei der natürlichen Person ergibt. Der Gewinn aus einem GmbH-Anteilsverkauf unterliegt einem festen Steuersatz von 27,5 %.

Gesellschafter mit einer Beteiligung bis zu 25 Prozent können steuerlich Dienstnehmer (z.B. Geschäftsführer) sein, bei einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent führen Tätigkeitsvergütungen hingegen grundsätzlich zu Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Geschäftsführerbezüge stellen bei der GmbH – soweit sie fremdüblich sind und den Betrag von 500.000 Euro pro Person und Wirtschaftsjahr nicht übersteigen –  eine Betriebsausgabe dar. Fremdüblich erbrachte und entgoltene Liefer- und Leistungsvereinbarungen zwischen der GmbH und deren Gesellschafter (zB.: Dienstverhältnis, Werkvertrag, Miete, Pacht, Kauf, Darlehen, Leasing) werden in der Regel steuerlich anerkannt. Ausnahmen bestehen insbesondere bei der Erbringung höchstpersönlicher Tätigkeiten im Wege der Zwischenschaltung einer GmbH.

Sozialversicherung: Geschäftsführende Gesellschafter unterliegen der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) sowie der Unfallversicherung nach dem ASVG, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliegen. Geschäftsführende Gesellschafter mit einer Beteiligung von bis zu 25 Prozent unterliegen der Pflichtversicherung nach dem ASVG. In Hinblick auf die richtige Einordnung der Sozialversicherungspflicht in Abhängigkeit vom Beteiligungsausmaß sind vielfältige Details (zB Sperrminorität) zu beachten.

Firmenbuch: Die GmbH entsteht erst mit der Eintragung in das Firmenbuch und ist durch Notariatsakt zu errichten. Eine sorgsame Beratung bei der Vertragserrichtung und Ausgestaltung durch einen Notar bzw. Rechtsanwalt ist empfehlenswert. GmbH-Standardverträge sind dennoch im Rahmen einer vereinfachten Gründung möglich.

Empfehlung: Die Entscheidung für die richtige Rechtsform hängt von der individuellen Situation des Unternehmens und deren Gesellschafter ab. Dabei sind vielfältige betriebswirtschaftliche, unternehmens-, gewerbe- und haftungsrechtliche, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.

Kontakt & Beratung: Diese Information zeigt naturgemäß grundlegende Aspekte des Themas auf – für Vollständigkeit und Richtigkeit kann trotz sorgfältiger Erstellung keine Gewähr geleistet werden. LBG berät Sie gerne in Ihrer individuellen Situation. Bitte wenden Sie sich an einen unserer 31 österreichweiten Standorte (www.lbg.at) oder an welcome@lbg.at - wir bringen Sie gerne mit einem/r unserer Experten/innen, der/die mit Ihrem Anliegen bestens vertraut ist, zusammen.

Stand: 1. Februar 2019 | Autor: Heinz Harb | LBG

© LBG Österreich: Wenn Sie Interesse daran haben, den Inhalt dieser LBG-Fachinformation einer begrenzten oder breiteren Öffentlichkeit in eigenen Publikationen im Unternehmen, von Unternehmensverbänden oder Vereinen, in Newslettern, auf einer Homepage oder in Online-Medien oder als Redakteur/Journalist eines Branchen-, Fach- oder Publikumsmediums auch durch uns zusammengefasst, weiter vertieft oder durch einen unserer Expert/innen kommentiert zur Verfügung zu stellen, dann unterstützen wir Sie dabei gerne. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dafür jedenfalls und ausnahmslos eine vorangehende schriftliche Zustimmung von „LBG Österreich | Marketing & Kommunikation“ und eine mit uns abgestimmte, geeignete Nennung von LBG erforderlich sind. Wir bitten Sie, sich dazu an welcome@lbg.at zu wenden.

 

BREXIT - Austrian limited liability company as an alternative to the British Limited (Ltd)

LBG Austria - Summary: The United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland is expected to leave the European Union on March 29th 2019. In recent years, many limited companies have been incorporated under English law and registered in the English commercial register, which have been operating in Austria from the very beginning and are also headquartered here. This was often due to the admissibility of a foundation without minimum capital and the unbureaucratic construction. In the context of the announced Brexit, panic is inappropriate because the Austrian legislator is preparing a limited grace period until the end of 2020. Nevertheless, it makes sense to think about legal form alternatives, for example, an Austrian (start-up-privileged) limited liability company and thus avoid imponderables. But also for all companies in Great Britain, which aim a company seat in the European Union in the future, a limited liability company with seat in Austria is a good option.

Contact & Advice: This information naturally shows basic aspects of the topic - for completeness and correctness no guarantee can be given despite careful preparation. LBG will gladly advise you in your individual situation. Please contact one of our 31 Austria-wide locations (www.lbg.at) or welcome@lbg.at - we will gladly bring you together with one of our experts, who is very familiar with your request.