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Steuer-News | Unternehmer-News

Holding-Dividenden: KESt-Entlastung/Abzugspflicht an der Quelle – GF der österreichischen Tochter-GmbH hat steuerliche Befreiungsvoraussetzungen zu prüfen

Stand: 8. August 2019

Praxisfall: Sind an einer österreichischen GmbH unmittelbar zu 49% eine vermögensverwaltende deutsche Holdinggesellschaft ("Holding A GmbH") und zu 51% eine andere vermögensverwaltende deutsche Holdinggesellschaft ("Holding B GmbH") beteiligt, wobei die Holding A GmbH wiederum mittelbar über eine operative deutsche Personengesellschaft 100% der Anteile an der Holding B GmbH hält, so ist auf Basis des § 94 Z 2 EStG 1988 iVm der hierzu ergangenen Verordnung (VO zu § 94a Abs. 2 EStG 1988, BGBl. Nr. 56/1995, "MTR-VO") zu prüfen, ob die österreichische GmbH bei einer Gewinnausschüttung an ihre beiden Anteilsinhaberinnen von der Einbehaltung der KESt auch tatsächlich absehen kann. Die Verantwortung hierfür trägt die Geschäftsführung der österreichischen GmbH.

Missbrauch muss ausgeschlossen werden können: Im Falle von Missbrauch iSd § 22 BAO steht die Befreiung gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 nicht zu und es darf somit auch keine Entlastung an der (österreichischen) Quelle vorgenommen werden. Aus § 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 MTR-VO ergibt sich, dass ein Missbrauch nur dann von vornherein ausgeschlossen werden kann, wenn ein Substanznachweis iSd § 2 Abs. 2 MTR-VO vorliegt und dem zum Abzug Verpflichteten überdies keine Umstände erkennbar sind, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Erklärung auslösen. Sinn und Zweck der Regelungen des § 94 Z 2 EStG 1988 und der MTR-VO ist es, sicherzustellen, dass die Wirkungen der Richtlinie 2011/96/EU über das gemeinsame Steuersystem der Mutter-und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. Nr. L 345 vom 29.12.2011 S. 8 in der geltenden Fassung; "Mutter-Tochter-Richtlinie") nicht für Directive-Shopping-Praktiken missbraucht werden. Es soll also unterbunden werden, dass Gewinne österreichischer Gesellschaften unter Zwischenschaltung funktionsloser Gesellschaften und unter Ausnutzung der Mutter-Tochter-Richtlinie steuerfrei aus Österreich abgeleitet und über EU-Mitgliedstaaten schließlich unbesteuert in Steueroasengebiete gelangen (vgl. EAS 1464, 1550).

Ein KESt-Abzug kann unterbleiben, wenn "hinter" einer die Dividenden empfangenden Holdinggesellschaft eine operativ tätige, zu 100% beteiligte Muttergesellschaft steht, bei der für sich betrachtet die Voraussetzungen für eine Quellensteuerentlastung vorliegen (EAS 2606, 3244). Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligung der Muttergesellschaft an der Holding mittelbar über eine Personengesellschaft gehalten wird (vgl. EAS 3234), denn derart gelagerte Sachverhalte werden ebenfalls als missbrauchsunverdächtig erachtet. Es gelten analog die in der MTR-VO genannten Dokumentationsvorschriften. Abhängig davon, ob die Holdinggesellschaft als funktionslos oder als mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattet anzusehen ist, bedarf es unterschiedlicher Nachweise (vgl. EAS 3244):

  • Handelt es sich um eine mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattete Holding, der die Einkünfte zuzurechnen sind, bedarf es eines von der Holdinggesellschaft vorgelegten Vordruckes ZS-EUMT. Die Holdinggesellschaft kann dann zwar nicht die im Vordruck vorgesehene Substanzerklärung abgeben, da zumindest eines der drei in § 2 Abs. 2 MTR-VO geforderten Kriterien nicht erfüllt ist. Der in § 2 MTR-VO verankerte Missbrauchsverdacht kann jedoch mittels Ansässigkeitsbescheinigung und Substanzerklärung der Muttergesellschaft (gegebenenfalls unter Darlegung weiterer relevanter Umstände) widerlegt werden.
  • Handelt es sich um eine funktionslose Holding, sodass die Einkünfte der operativen Muttergesellschaft zuzurechnen sind, so ist neben dem Vordruck ZS-EUMT der Muttergesellschaft auch eine formlose Bestätigung der direkt beteiligten funktionslosen Holding darüber vorzulegen, dass ihr die Einkünfte nicht zuzurechnen sind.

Abgesehen von diesen eindeutigen Fällen, in denen Missbrauch von vornherein ausgeschlossen werden kann, setzt das Feststellen von Missbrauch aber grundsätzlich eine Einzelfallprüfung voraus, die nur unter Ermittlung des relevanten Sachverhalts und somit nur vom zuständigen Finanzamt vorgenommen werden kann.

Sind Gesellschafter der Holding nicht bekannt, kann Missbrauch nicht ausgeschlossen werden – daher besteht KEST-Abzugspflicht: Im anfragegegenständlichen Fall kann Missbrauch gerade nicht von vornherein ausgeschlossen werden, da die Gesellschafter der Holding A GmbH nicht bekannt sind. Es ist daher zunächst schon nicht klar, ob es sich bei den dahinterstehenden Gesellschaftern um solche handelt, welche die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 erfüllen würden. Allein der Umstand, dass die Holding A GmbH letztlich zu 100% an einer operativ tätigen Personengesellschaft beteiligt ist, vermag einen Missbrauch weder im Hinblick auf die anteilige Gewinnausschüttung an die Holding A GmbH noch auf die anteilige Gewinnausschüttung an die Holding B GmbH von vornherein auszuschließen. Anlässlich der Ausschüttung hat die österreichische GmbH daher für die gesamte Gewinnausschüttung grundsätzlich KESt einzubehalten; eine allfällige KESt-Entlastung kann nur in einem nachgelagerten Rückerstattungsverfahren erfolgen. Antragsbefugt ist nach dem Gesetzeswortlaut des § 94 Z 2 EStG 1988 (letzter Satz) nur die unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligte Muttergesellschaft (hier also die zu 49% beteiligte Holding A GmbH und die zu 51% beteiligte Holding B GmbH).

(EAS-Auskunft des BMF vom 03.07.2019, BMF-010221/0192-IV/8/2019 gültig ab 03.07.2019)

Stand: 8.8.2019 | LBG

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