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Steuer-News | Unternehmer-News

Finanzstrafrecht: Angestellte als Beitragstäterin durch Mitwirkung an „Schwarzumsätzen“

Stand: 1. Juli 2019

Die Beihilfe zu einer strafbaren Handlung (Abgabenhinterziehung) ist jede Tätigkeit, die dahin zielt, die Ausführung der späteren Straftat eines anderen zu fördern. Als Beitragstäter kommt in Betracht, wer die Abgabenhinterziehung (durch einen anderen) ermöglicht, erleichtert, absichert oder sonst wie fördert (Mitwirkung an „Schwarzumsätzen“). Der Tatbeitrag kann durch physische oder psychische (intellektuelle) Unterstützung, somit durch Rat oder Tat, geleistet werden. Jede, auch die geringste Hilfe, welche die Abgabenhinterziehung fördert und bis zur Vollendung wirksam bleibt, ist ein ausreichender (strafbarer) Tatbeitrag.

Welcher Sachverhalt war durch das Bundesfinanzgericht zu beurteilen? Eine Einzelhändlerin und ihre (einzige) Angestellte tätigten im Einvernehmen Schwarzverkäufe (Verkäufe ohne Rechnung). Dabei hat die Angestellte die Schwarzumsätze in ein „inoffizielles Kassabuch“ eingetragen und war damit Beitragstäterin zur Abgabenhinterziehung durch die Einzelhändlerin.

Die Einzelhändlerin C. gab (auszugsweise) im Strafverfahren an: „Ich hatte eine Steuerberaterin. Dieser habe ich alle Unterlagen weitergegeben. Ich habe das Wareneingangsbuch geführt und die Belege gesammelt. [...] Ich habe die Einnahmen der inoffiziellen Paragons nicht dem Finanzamt gemeldet, weil ich Geld gebraucht habe, um die Lieferanten zu zahlen. [...] Vom Schwarzgeld hat die Angestellte nichts gewusst.[...] Sie hat natürlich gewusst, dass ich auch einige Beträge schwarz kassiere.[...] Die Umsätze (die offiziellen und schwarzen zusammen) hat meine Angestellte aufgeschrieben. Gemeldet wurde dann ein fiktiver Betrag an die Steuerberaterin. Das haben wir gemeinsam gemacht."

Die Angestellte gab an: „Ich war zwar die Angestellte, hatte mit der Buchhaltung aber überhaupt nichts zu tun. […] Es ist mir im Laufe der Jahre natürlich aufgefallen, dass Fr. C. 2 Buchhaltungen geführt hatte. Das hat sie mir auch selbst mitgeteilt, ich habe das aber nicht hinterfragt, ich habe meiner Chefin vertraut." Weiter führte die Angestellte aus: "Die Buchhaltung hat Frau C. selbst gemacht. Es gab eine Steuerberaterin. […] Die Umsätze wurden jeden Tag von Frau C. und mir zusammengeschrieben. Diese Umsätze wurden dann von Frau C. in die Buchhaltung übernommen. Ich habe im Büro gesehen, dass Frau C. auch noch selbst Umsätze erzielt hat, welche in einer Liste eben nicht aufscheinen. Diese Listen habe ich dem Finanzamt übergeben.[…] Frau C. hatte einen anderen Kassablock. Frau C. sagte, das geht mich nichts an, es geht nur um die Steuer. Ich habe mich nicht mehr eingemischt. Ich war ja nur Angestellte. […] Zu den zwei Kassablöcken: Sie hat gesagt, das ist für die Steuern, damit sie die Steuern nicht sofort zahlen muss. Ich wusste ja nicht, dass es sich um Schwarzverkäufe handelt. Ich habe der Chefin vertraut."

Dazu die Einzelhändlerin C.: "sie wusste natürlich von den Schwarzumsätzen."

Das Bundesfinanzgericht berücksichtigte bei seiner Entscheidung folgende Überlegungen:

Grundsätzlich führt jede Förderung der Ausführung der Tat zu einer Beteiligung an dieser. Entscheidend ist, dass diese getrennte Behandlung der Umsatzlisten (Verwendung von zwei Blöcken, davon einer für Schwarzumsätze) zum Funktionieren eines Systems organisierter "Schwarzumsätze" beitrug. Dadurch wurde bei der Einzelhändlerin Umsatz- und Einkommensteuer verkürzt und damit hinterzogen. Es kommt lediglich auf den Vorsatz der Angestellten an, bei der Abgabenhinterziehung behilflich zu sein. Die Kenntnis, ob diese Hilfe in allen Fällen Früchte trug, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass die Hilfe der Angestellten bei den realisierten "Schwarzumsätzen" im Sinne einer Förderung zum Tragen kam.

Es genügt, dass die Angestellte (Beitragstäterin) die Ausführung der von der Einzelhändlerin als Abgabepflichtigen und unmittelbaren Täterin unter Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht begangenen Tat durch einen de facto wirksamen, also kausalen Beitrag (hier: die Ausstellung von Schwarzrechnungen) zumindest intellektuell fördert. Dabei muss der Vorsatz der Beitragstäterin (Angestellte) auf die künftige Tatvollendung durch den unmittelbaren Täter (Einzelhändlerin) gerichtet sein.

Laut eigener Aussage der Einzelhändlerin hat diese selbst das Wareneingangsbuch geführt, die Belege gesammelt und alle Unterlagen an die Steuerberaterin weitergegeben. Die Angestellte hat selbst keine unrichtigen Unterlagen oder unrichtige Erklärungen an die Steuerberaterin weitergegeben, die allenfalls in unrichtige Steuererklärungen Eingang gefunden hätten. 

Allerdings hat die Angestellte angesichts der Formulierung im Finanzstrafgesetz, wonach jeder, der sonst zur Ausführung eines Finanzvergehens beiträgt, die Tat begeht, einen logistischen Tatbeitrag zur unrichtigen Buchhaltung geleistet, indem sie "auch" Schwarzverkäufe tätigte und die offiziellen Umsätze und Schwarzumsätze allenfalls getrennt erfasste, wodurch der Einzelhändlerin die nachfolgenden Abgabenhinterziehungen erleichtert wurden, den strafbaren Tatbestand der Beitragstäterschaft verwirklicht.

Objektiv gesehen hat die Angestellte durch die Verwendung von zwei verschiedenen Kassablöcken für offizielle bzw. Schwarz-Umsätze und Errechnung der jeweiligen Umsatzsummen dazu beigetragen, dass die Begehung der Abgabenhinterziehungen durch die Erstbeschuldigte erleichtert wurde, sodass damit der im Finanzstrafgesetz geforderte Passus "sonst zu seiner Ausführung beiträgt" erfüllt ist.

Zeitgerechter Rücktritt von der Straftat: Das Strafverfahren ging in diesem Fall für die Angestellte (als Beitragstäterin), nicht aber für die Einzelhändlerin (als unmittelbare Täterin) gut aus, weil sie die von ihr ursprünglich durch ihre Mitwirkung unterstützte Abgabenhinterziehung beim Finanzamt angezeigt hat, bevor die Dienstgeberin ihre Steuererklärung für das betreffende Jahr eingereicht hat. Diesfalls war sie gerade noch rechtzeitig von ihrer Straftat als Beitragstäterin zurückgetreten (es lag noch kein Versuch vor).

BFG vom 06.11.2018, RV/7300028/2018

Anmerkung: Die Komplexität des Steuerrechts erleichtert die Einhaltung oftmals nicht. Hinzu kommt, dass das Finanzstrafrecht den potentiell strafbaren Täterkreis (unmittelbarer Täter, Bestimmungstäter, Beitragstäter) umfassend definiert und die Anforderungen der abgabenrechtlich gebotenen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht in der Praxis nicht unterschätzt werden dürfen. Es macht daher Sinn, regelmäßig und vorsorglich einen Abgaben-Check durchzuführen, bevor dies die Finanzbehörde tut. Erforderlichenfalls ist darauf aufbauend zu beurteilen, ob ein (zweifelhafter) Sachverhalt der Abgabenbehörde sorgsam offengelegt wird oder eine im Detail fachkundig ausgearbeitete finanzstrafrechtliche Selbstanzeige zeitgerecht eingebracht wird. Zu beachten sind auch eine Vielfalt an Verjährungsbestimmungen, sowohl im Abgabenverfahren als auch im Finanzstrafverfahren – die möglicherweise bei der (straffreien) „Sanierung“ einer erkannten Unregelmäßigkeit hilfreich sein können.

Stand: 1.7.2019 | LBG

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