Kündigungen geplant? Frühwarnsystem ab 21 Mitarbeitenden zwingend!
Stand: 11. September 2025
In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten kann es auch erforderlich sein, Beschäftigungsverhältnisse zu beenden, um Betriebe fortzuführen und die Arbeitsplätze der verbleibenden Mitarbeitenden zu sichern. Schon ab 21 Beschäftigten gilt: Wenn beabsichtigt ist, fünf oder mehr Mitarbeitende innerhalb von 30 Tagen zu kündigen, ist vorweg zwingend eine Anzeige beim Arbeitsmarktservice (AMS) zu machen. Ziel dieses Frühwarnsystems ist es, negativen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt wie Arbeitslosigkeit rechtzeitig mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken. Konsequenz der Nichteinhaltung des Frühwarnsystems ist die Nichtigkeit der Kündigungen und somit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses! Details dazu finden Sie im nachstehenden Fachbeitrag.
Was ist wann zu tun?
Die Anzeigepflicht beim Arbeitsmarktservice nach dem Frühwarnsystem ist gestaffelt. Beabsichtigt ein Arbeitgeber in einem Betrieb innerhalb der folgenden 30 Tage die Arbeitsverhältnisse von
- mindestens 5 Arbeitnehmern in Betrieben mit 21 bis 99 Beschäftigten,
- mindestens 5 Prozent der Arbeitnehmer in Betrieben mit 100 bis 600 Beschäftigten,
- mindestens 30 Arbeitnehmern in Betrieben mit mehr als 600 Beschäftigten, oder
- mindestens 5 Arbeitnehmern im Alter von mindestens 50 Jahren,
zu beenden, besteht die Anzeigepflicht beim AMS.
Unter „beenden“ sind alle Arbeitgeber-Kündigungen und Entlassungen sowie auch vom Arbeitgeber initiierte einvernehmliche Auflösungen zu verstehen. Alle diese Beendigungsarten sind zum Erreichen des jeweiligen Schwellenwertes zusammenzurechnen.
Bei der 30-tägigen Frist handelt es sich um eine kontinuierlich wandernde Frist. Zum Entstehen der Anzeigepflicht kommt es jedenfalls nicht auf die tatsächlich ausgesprochenen Beendigungen innerhalb von 30 Tagen an, sondern auf die Absicht des Arbeitgebers diese innerhalb der nächsten 30 Tage vorzunehmen. Eine zeitliche Streuung der Beendigungen ist somit nur zulässig, wenn sie nicht in der Absicht geschieht, die Anzeigepflicht zu umgehen.
Achtung: Bei der Beendigung der Arbeitsverhältnisse von mindestens 5 Arbeitnehmern im Alter von mindestens 50 Jahren innerhalb der 30-tägigen Frist ist jedenfalls – also unabhängig von der Gesamtzahl der Beschäftigten in einem Betrieb – eine Anzeige an das AMS zu erstatten. Eine Ausnahme besteht für Saisonbetriebe: Werden Arbeitsverhältnisse von mindestens 50-jährigen Arbeitnehmern ausschließlich aufgrund der Beendigung der Saison beendet, besteht die Anzeigepflicht nur bei Vorliegen einer der drei anderen obengenannten Fälle.
Die Anzeige an die zuständige Geschäftsstelle des AMS muss schriftlich mindestens 30 Tage vor Ausspruch der ersten Kündigung bzw. Entlassung erfolgen. Inhaltlich sind unter anderem Anzahl und Gruppe der betroffenen Mitarbeitenden, Zeitraum der geplanten Kündigungen, Gesamtzahl der Beschäftigten sowie Gründe der Maßnahme anzugeben. Bei bestehendem Betriebsrat ist dessen Stellungnahme beizulegen, andernfalls sind die betroffenen Mitarbeitenden zu informieren.
Praxistipp: Das AMS stellt ein Formular für die Anzeige zur Verfügung (sogenanntes „Formular § 45a AMFG“). Mit Verwendung des AMS-Formulars stellen Sie sicher, dass Sie alle erforderlichen Informationen bekanntgeben.
Kann ein Arbeitgeber nachweisen, dass wichtige wirtschaftliche Gründe für frühere Beendigungen bestehen, kann eine Verkürzung der 30-tägigen Wartefrist beantragt werden. Mit Erhalt der Zustimmung des Landesdirektoriums des AMS darf dann die Kündigung bzw. Entlassung vor Ablauf der 30 Tage ausgesprochen werden. Die Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze kann einen solchen wichtigen wirtschaftlichen Grund darstellen.
Was sind die Folgen bei Nichtbeachtung?
Die Folge einer Kündigung bzw. Entlassung, die ohne Anzeige oder vor Ablauf der 30-tägigen Wartefrist erfolgt – sofern die Verkürzung der Wartefrist nicht erfolgreich beantragt wurde –, ist die Nichtigkeit. Das Arbeitsverhältnis besteht zusammen mit sämtlichen Ansprüchen fort, die dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis zustehen (Entgelt, Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistung, etc.). Der Arbeitgeber riskiert dadurch hohe Kosten sowie gerichtliche Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmern.
Sonderfall: Einvernehmliche Auflösungen
Für einvernehmliche Auflösungen gilt allerdings: Sie sind zwar relevant für das Entstehen der Anzeigepflicht und damit zur Erreichung der Schwellenwerte mit den innerhalb der nächsten 30 Tagen beabsichtigten Arbeitgeber-Kündigungen und Entlassungen zusammenzuzählen. Sie sind aber nicht von der Nichtigkeitssanktion betroffen. Stimmt ein Arbeitnehmer schon vor Ablauf der 30-tägigen Wartefrist einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu, ist diese zulässig und das Arbeitsverhältnis wirksam beendet.
Unsere Empfehlungen für Arbeitgeber
Wir empfehlen daher:
- Halten Sie Ihre Personalplanung stets vorausschauend im Blickfeld und beachten Sie die genannten Schwellenwert. Besonders in Branchen mit stark schwankenden Beschäftigungszahlen (wie z.B. Bau, Tourismus) ist dies relevant.
- Binden Sie einen vorhandenen Betriebsrat und Mitarbeitende rechtzeitig ein, um gemeinsame gangbare Lösungen zu finden.
- Beantragen Sie eine Fristverkürzung beim AMS, wenn die wirtschaftliche Notwendigkeit dafür besteht.
- Führen Sie eine sorgfältige Dokumentation, um für allenfalls unvermeidbare Streitfälle vorzusorgen.
Warum es sich ganz generell – nicht nur im Hinblick auf das Frühwarnsystem – lohnt, stets einen klaren und aktuellen Überblick über alle Beschäftigungsverhältnisse zu haben, lesen Sie in unserem kürzlich zu diesem Thema erschienenen Newsletter-Beitrag mit dem Titel „Beschäftigungsverhältnisse im Blick: Warum sich eine (zumindest) jährliche Analyse lohnt“.
Stand: 11. September 2025 | LBG
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