Aus- und Wiedereingliederung von Betrieben und Liegenschaften bei Körperschaften öffentlichen Rechts unter steuerlichen Aspekten
Stand: 1. Oktober 2024
Körperschaften öffentlichen Rechts (KöR), zu denen insbesondere Stifte und Klöster zählen, unterliegen mit ihren Kernbereichen, z.B. der Seelsorge, nicht der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Diese Bereiche sind zudem von der Umsatzsteuer befreit, weshalb iZm diesen Tätigkeiten auch kein Vorsteuerabzug zusteht. Lediglich bestimmte, im Gesetz aufgezählte Einkünfte unterliegen auch im hoheitlichen Bereich der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Insbesondere gilt das für Kapitaleinkünfte und Grundstücksveräußerungen. Führt ein Kloster oder Stift hingegen einen Betrieb gewerblicher Art (= BgA), so unterliegt es mit dieser Tätigkeit der unbeschränkten Körperschaftsteuer und/oder Umsatzsteuer. Ausgenommen davon sind jedoch BgA, die kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgen und somit wieder nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegen.
Über die Jahre kann sich ein ursprünglich gemeinnütziger Betrieb zu einem großen wirtschaftlichen Betrieb entwickeln, wodurch der gemeinnützige Zweck in den Hintergrund tritt oder die tatsächliche Führung des Betriebes nicht mehr mit den vielleicht ursprünglich gemeinnützig gefassten Statuten übereinstimmt. Fällt der gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zweck weg, kommt es zu einem Wechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht. Im Rahmen dieses Wechsels, der in der Regel mit Beginn eines Kalenderjahres vorgenommen wird, ist das bis dato nicht steuerhängige Vermögen steuerneutral aufzuwerten. Ein selbst geschaffener, also nicht entgeltlich erworbener Firmenwert (sog. originärer Firmenwert) ist nicht anzusetzen. Grund & Boden bleibt ebenfalls unberücksichtigt, da dieser bereits im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht einer Besteuerung unterliegt.
Aus- und Wiedereingliederung
Bei der Beratung von KöR zeigen sich in der Praxis häufig Konstellationen, unter denen die betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Sinnhaftigkeit von Ausgliederungen oder Wiedereingliederungen von Betrieben gewerblicher Art zu prüfen sind. Unter Ausgliederung versteht man dabei einen Vorgang, bei dem eine Aufgabe einer KöR auf einen (neuen) Rechtsträger - in der Regel eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die aufgrund der Kapitalbeteiligung und/oder sonstiger vertraglicher Regelungen weiterhin unter dem maßgebenden Einfluss der KöR steht – übertragen wird. Die ausgegliederte Aufgabe wird somit künftig von Organen dieses (neuen) Rechtsträgers wahrgenommen, wobei im Rahmen von z.B. Gesellschafterbeschlüssen Weisungen an die ausführenden Organe (z.B. Geschäftsführer) erteilt werden können.
Grundsätzlich besteht bei der laufenden Besteuerung kein Unterschied, ob ein Betrieb im Rahmen eines BgA auf Ebene einer KöR geführt oder auf eine zu 100% der KöR gehörende Tochter-GmbH ausgegliedert wird. Einzig die Verlustverwertung auf Ebene der GmbH könnte ein steuerlicher Vorteil sein, da Verluste zwischen BgAs – abgesehen von einigen Ausnahmen – grundsätzlich nicht verrechnet werden können. Hingegen ist auf Ebene einer Tochter-GmbH, die mehrere Betriebe führt, die Verrechnung von Verlusten zwischen diesen verschiedenen Betrieben möglich. Bei Betrieben, die ständig Verluste erzielen, stellt sich jedoch die Problematik einer möglichen Qualifikation als Liebhabereibetrieb durch die Finanzverwaltung, was zur Folge hätte, dass diese Verluste nicht mit gewinnbringenden Betrieben verrechnet werden könnten und somit ein ähnliches Ergebnis wie auch auf Ebene der KöR entsteht.
Haftungsrechtliche Gründe als möglicher Vorteil einer Ausgliederung
Häufig sprechen jedoch haftungsrechtliche Überlegungen für die Vorteilhaftigkeit einer Ausgliederung von Betrieben gewerblicher Art, insbesondere, wenn diese risikobehaftet sind. Durch die Bestellung eines Geschäftsführers in der 100%-igen Tochter-GmbH, auf die der Betrieb ausgegliedert wurde, wird diesem die Verantwortung für den Betrieb übertragen, womit die Verantwortlichen im Stift oder Kloster von dieser Aufgabe entlastet werden. Aus wirtschaftlichen Gründen kann neben Aspekten der Verringerung des Haftungsfonds auch die Konzentration von Aufgaben auf eine verantwortliche Person überlegenswert sein.
Umsetzung in der Praxis
Die Ausgliederung des BgA kann beispielsweise im Rahmen einer Einbringung gemäß Umgründungssteuergesetz erfolgen, wodurch eine Aufdeckung von stillen Reserven vermieden werden kann. Die Anwendbarkeit des Umgründungssteuerrechts kann Gebühren und im Zusammenhang mit Liegenschaften Grunderwerbsteuer sparen. Sollte sich herausstellen, dass die Ausgliederung nicht mehr zweckmäßig ist, kann die Wiedereingliederung bzw. Rückgängigmachung von Ausgliederungen ebenfalls unter Anwendung des Umgründungssteuerrechts erfolgen.
Vorausschauende Planung ist unerlässlich
Ausgliederungen und Wiedereingliederungen sind komplexe Vorgänge, bei denen zahlreiche Voraussetzungen des Umgründungsteuerrechts beachtet werden müssen. Dies erfordert eine einzelfallbezogene, sorgfältige Planung unter besonderer Berücksichtigung von haftungsrechtlichen Aspekten.
Stand: 1. Oktober 2024 | LBG
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